Oktober-Trio 8., 15. und 22. Oktober 2006


Regattaserie in drei Akten

Prolog
Der WSV Lelystad Haven, Yacht-Club des Heimathafens von Chou Chou, veranstaltet eine Dreierserie von sonntäglichen Wettfahrten. Hierzu lud Hajo zur Teilnahme ein, mit der Verlockung kulinarischer Genüsse – keine Konservendosen – aus der Bordküche. Hierzu habe er den Viersterne-Koch Michael verpflichtet, der Rezepte zur Verfügung stelle bzw. höchstpersönlich koche.


1. Akt: 7./8. Oktober

Im Vorfeld verdächtige Terminänderungen bei Hajo, kann nicht beim ersten Akt dabei sein – Chefkoch Michael dann auf einmal auch nicht!?
Also fahren Jens, Reinhold, Claudia und Sabine, erstmals dabei, völlig sich selbst über-lassen, am Samstag nach Lelystad. Einkäufe bei Albert Hein sollen das kulinarische Erlebnis retten.
Aber zunächst muss die Crew und vor allem Sabine sich auf Chou Chou einspielen. Bei frischem, wolkenverhangenem Wetter mit 20 – 30 kn Wind legen wir ab. Die Damen kom-men im Laufe zahlreicher Wenden und zweier Halsen immer besser an den Schoten zu-recht, zumal Sabine erfahrene Jollenseglerin (Korsar) und auch nicht zum ersten Mal auf einer Yacht ist. Die Schräglage der Chou Chou beeindruckt sie aber doch. Leider ist bei dem Wind nicht an ein Spi-Training zu denken.
Vor dem Abendessen gehen wir noch spazieren, beobachten eine Schleusung und betrachten die vier Dieselaggregate des Pumpwerks. Auf dem Deich laufen wir fast bis zum Batavia Hafen und sehen auf dem Rückweg bizarre Wolkengebilde.
Mit mächtig Appetit bereiten wir den kulinarischen Teil des Tages vor: Mailänderschnitzel an Nudeln, Pesto garniert, umrahmt von frischem Eisbergsalat mit Tomaten, Oliven, Feta und Basilikum-Dressing – superb. Dazu köstlicher Rot- und Weißwein aus edlen Polycarbonatgefäßen.
Das soll doch dieser so genannte Chefkoch erst einmal toppen! Zumal kein Salz und kein Korkenzieher an Bord zu finden war – Sabotage??
Theoretisches Spi-Training schloss den Abend ab.
Nach einem leckeren Frühstück mit Rührei an Schinkenschnittchen ging´s zum Palaver, der Skipperbesprechung. Eine Langstrecke über 20 sm mit fast nur Kreuz- und Spikursen war angesagt. Bei etwa 20 kn Wind aus SW lag der Start direkt vor dem Hafen, mit einer nicht zu üppig langen Startlinie für 16 Yachten, die meisten 40 Fuß und größer. Und so kam es zu einer spektakulären Ramming, die nicht zu überhören war: Yacht auf Back-bordbug macht Manöver des letzten Augenblicks und luvt hoch, Steuerbordbug macht das Falsche und luvt ebenfalls – Volltreffer in Masthöhe.
Das Aufkreuzen im Oostvaardersdiep zur südlichen Ausfahrt gestaltet sich recht eng und Nerven kitzelnd, zumal nach vorherigen Ramming. Von der Ausfahrt geht es halbwind zur OVD 4, dann unter Spi zur V11. Unsere Mädels shiften bei 17 kn den grünen Spi, als wür-den sie das täglich machen – Kompliment! Anschließend eine lange Kreuz zur OVD, der Ansteue-rungstonne. Unter Spi zurück zur OVD 4, Kreuz zur OVD 6 und dann mit dem weißen Spi bei abnehmenden Wind zur südliche Einfahrt. Erst hier legt sich eine First 40.7 „Ciel Bleu“ vor uns. Nach rund vier Stunden laufen wir um 16:03 über die Ziellinie.
Da wir keine Starterliste und erst recht keine SW-Cijfers (quasi Yardstickzahlen) kennen, haben wir keine Ahnung, wie wir abgeschnitten haben. Also Schiff klarieren, Sachen pa-cken.
Gegen 17:30 dann der Uitslag, die Ergebnisverkündung. 12 Yachten haben regulär gefi-nisht, und die Platzierungen werden absteigend bekanntgegeben. Als wir bei Platz 6 im-mer noch nicht genannt werden, murmelt Jens „ob die uns nicht gewertet haben?“.
Dann endlich: Chou Chou hat Platz 3 erzielt! Wir sind sehr froh, mit dieser neuen Crew-Konstellation so gut gesegelt zu haben.
Schade nur, dass dann direkt die Heimfahrt anschließen musste, ein bisschen zu feiern und die niederländischen Sportsfreunde kennen zu lernen, wäre netter gewesen.


ot 004
ot 005
ot 006
ot 009
ot 012
ot 013
ot 014
ot 016
ot 017
ot 019
ot 021
ot 022
ot 023
 

Reinhold


2. Akt: 14./15. Oktober

Am Samstag holen mich Michael und Dieter gegen halb zehn ab. Wir packen bei mir zwischengelagerte Sachen (Rettungsinsel, Rollgenua, Anker) in Michaels Wagen und treffen kurz nach zehn Hajo und Enrico am Parkplatz an der Auffahrt Wesel/Hünxe. Umstauen unserer Segelsachen und los geht es. Hajo fährt die Route über Almere, die sehr schön zum Schluss über den Ijsselmeerdeich nach Lelystad-Haven führt, mit prima Aussicht aufs Wasser.
Aber zunächst steuern wir den Markt von Lelystad an: Einkaufen für den kulinarischen Abend. Wir erstehen (wörtlich gemeint, die Bedienung war äußerst schleppend) Kabeljau-filet, Scholle und Nieuwe Haring (Matjes). Als kleine Stärkung wird auch gleich ein Matjes vor Ort verschlungen, bis auf Enrico, der diese Delikatesse verschmäht.
Dann wird zügig alles an Bord verstaut, einschließlich Bratpfanne des Viersterne-Kochs Michael, der sein kleinstes Handgepäck aller Zeiten dabei hat.
Auslaufen zu ein paar Trimmschlägen bei 3 – 4 Windstärken aus östlichen Richtungen, um vor allem Michael wieder einzugewöhnen, bis alles klappt einschließlich Spi-Shiften.
Nach dem Aufklarieren in der Box spendiert Hajo als „Anleger“ ein Party-Fässchen Bier, das merkwürdig schnell an Inhalt verliert – war wohl nicht ganz voll? – und eine merkwürdige Müdigkeit an Bord verbreitet.
Nach erholsamem Schlummer wird endlich der Kocher angeheizt. Michael säubert, säuert und salzt den Fisch, derweil der Matjes als Vorspeise genossen wird. Als erster Gang kommt der Kabeljau mit Pellkartoffeln auf den Tisch – einfach lecker. Jede Scholle beansprucht die Pfanne für sich ganz alleine, so dass reihum gegessen wird. Scholle pur an Pellkartoffel – den Salat vom 1. Akt vermisse ich und degradiere in Gedanken Michael auf drei Sterne. Bei der anschließenden Fachsimpelei und den ersten Törnplanungen für das nächste Jahr fließt reichlich Wein (ein verkappter Korkenzieher wurde von Hajo aus der Besteckschublade gezaubert) und Genever, so dass alle mit wohliger Vorfreude auf den 2. Lauf in die Koje krabbeln.
Am Sonntagmorgen zum Frühstück gekochte Eier, da keiner vorher Lust auf Spülen hatte. Enrico steuert Thüringische Wurstspezialitäten bei, sehr geschmackvoll.
Dann große Spülorgie. Beim Einräumen des Geschirrs finde ich dann auch das angestammte Salzfass – merkwürdig.

Um 11 Uhr sind wir beim „Palaver“, um 12 Uhr am Start zu einer 15 Seemeilen Langstrecke mit neun Startern. Bei varierendem Wind 3 – 4 aus östlichen Richtungen Spinnaker-Start in südwestliche Richtung zur südlichen Ausfahrt, dann westlich bis zur OVD 6. Den gleichen Weg kreuzend zurück und weiter im Oostvaardersdiep bis zur nördlichen Aus-fahrt für die Sportschifffahrt. Von dort zur V 9 unter Blister, als der Wind weiter raumt, setzen wir außen vom Blister den weißen Spi und bergen den Blister – ein plus von etwa 0,3 Knoten. Von der V 9 eine Kreuz zur V13, der sich ein langer Spi-Gang zur OVD 6 an-schließt. Abschließendes Kreuzen im Oostvaardersdiep zur Ziellinie. Hier zeigt sich, welch gute Höhe Chou Chou läuft, denn wir kommen mit einem Kreuzschlag weniger ins Ziel als die vor uns liegende Yacht. Gesegelte Zeit rund drei Stunden.
Wir sind schon abreisefertig, als der „Uitslag“ bekanntgegeben wird: Chou Chou hat den Sieger des 1. Laufs „Bongo Fury“ auf den zweiten Platz verwiesen – mit rund 10 Minuten Vorsprung nach berechneter Zeit! Das gibt der Wettfahrtleitung zu denken und man wird an unserem SW-Factor, zurzeit 94, arbeiten.


ot2 001
ot2 004
ot2 007
ot2 008
ot2 009
ot2 010
ot2 011
ot2 012
ot2 013
         

Reinhold


3. Akt: 21./22. Oktober

- der dritte Streich -

Nach dem erfolgreichen zweiten Lauf hatte sich schon etwas Ungemach angedeutet. Ein nicht überhörbares Grummeln bei den anderen Crews als der Zeitabstand von CHOU CHOU zum Zweiten bekannt gegeben wurde (über 10min). Der stellvertretende Wettfahrtleiter sprach mich auch gleich an : „ Man müsste die SW cijfer (etwas wie der Yardstickwert) noch einmal überprüfen. Nach einigen mails hin und her in den folgenden Tagen (wir haben noch einmal den Meßbrief vorgelegt) wurde uns 90 zugeteilt (vorher 94). Eine herausfordernde Bewertung, wenn man die anderen teilnehmenden vermessenen Schiffe vergleicht . Aber daran müssen wir uns in Zukunft wohl gewöhnen. In der Vergangenheit waren wir mitunter in einer günstigeren Situation, aber diese Herausforderung werden wir gern annehmen, am besten mit schnelleren Segeln.
Die neue Einstufung hatte leider zur Folge, daß Chou Chou im ersten Lauf auf den vierten Platz rutschte, der erste Platz aus dem zweiten Lauf blieb allerdings erhalten.

Unter diesen Vorzeichen machte sich am Samstagnachmittag den 21. Oktober eine neu zusammen gesetzte Crew auf den Weg mit dem Ziel einen dritten Platz in der Gesamtwertung zu erzielen (wir wollten schließlich die Gastgeber bei unserer ersten Teilnahme nicht zu sehr in Aufregung versetzen). Die Crew bestand aus Ulli Schilling, Matthias Höhfeld, Hans-Dieter Knoop genannt Henningfeld und meine Person Skipper HaJo. Leider war Bernd als fünftes Crewmitglied kurzfristig ausgefallen. Dadurch gab es auf der Hinfahrt hinreichend Gesprächsstoff zur Aufgabenverteilung (Spi zu viert bei voraussichtlichen 5 – 6 BF machten die theoretische Vorbereitung zwingend und spannend).
Die späte Anreise mag zwar die vorherigen Crews verwundern, aber die Essensbeschaffung war nicht mehr notwendig. Dieter hatte aus hier ungenannten Quellen eine 7,5 kg Dose Kesselgulasch erhalten, damit waren drei warme Mahlzeiten gesichert, - nicht so raffiniert wie bei den ersten beiden Crews- dafür aber nachhaltig.
Trotz der späten Anreise ging die Crew dann hochmotiviert ans Training.
.

Nach einer irgendwie mißlungenen Spihalse mit zwei Bäumen (Dieter war ja schon von Anfang an gegen dieses Manöver!?), wurde konventionell mit einem Spibaum gesegelt. Zwei Mann auf dem Vorschiff und zwei im Cockpit waren dann die Lösung. Es dunkelte schon, als die Übungen beendet waren (für den Hausgebrauch musste das Geübte reichen). Nach einigen Beschimpfungen des unregemäßig brennenden Kochers wurde das Kesselgulasch mit Nudeln auf den Tisch gebracht. Sättigung stellte sich nach der dritten Portion ein, wobei das Gulasch eher Suppenkonsistenz hatte, daher wurde am nächsten Tag auf die Nudeln verzichtet.
Das Wetter am nächsten Tag zeigte sich nicht von der besten Seite 24-26 kn Wind aus Süd, bedeckt etwas nieselig, alles grau in grau (Oktobertrio ist offensichtlich gut für Masochisten).

Am Sonntagmorgen waren unsere Widersacher aus den ersten beiden Läufen wieder vor Ort als Kurs wurde Start vor dem Hafen in Richtung südliche Ausfahrt aufs Markermeer angegeben (Kreuzkurs) , von dort weiter unter Spi zur V13 vor Enkhuizen, zurück eine Kreuz zur OVD5 und dann Raum (Spikurs) durch die südliche Einfahrt zur Startlinie als Ziel. (insgesamt gut 20 sm)
Der Start unter high Aspekt Fock und 1mal gerefftes Groß war etwas verschlafen (offensichtlich war der Wind doch nicht so stark), aber aufgrund unserer exzellenten Höhe wurden schnell einige Plätze gut gemacht. Vorn weg war Bongo Fury (J35) und eine X43, wir in Sichtweite in einer zweiten Gruppe mit 5 Yachten. Unter Spi halten wir den Abstand konstant und verbessern uns kontinuierlich in unserer Gruppe. Auf der anschließenden Kreuz
verlieren wir etwas den Anschluß. Ein Winddreher muß wohl unbemerkt an uns vorübergegangen sein, da nach einigen Kreuzschlägen einige Mitbewerber, die uns zuvor nicht davonsegeln konnten, kurz vor der Tonne deutlich vor uns liegen. Gegen die hackige Welle will CHOU CHOU auch nicht richtig laufen (mit 40 Fuß wäre es sicherlich angenehmer und dynamischer). Aber der Ehrgeiz war noch nicht gänzlich erloschen. Risikoreich wurde auf dem letzten spitzen Schenkel der grüne Spi gezogen und das Groß ausgerefft (hätte wahrscheinlich eher erfolgen müssen). Wir kamen dadurch wieder deutlich näher und nach gut 3 Stunden segeln wurde das Ziel erreicht.

Die Verkündung des Ergebnisses war wieder spannend (wir rechneten mit Platz 4-5). Als Bongo Fury als Dritter genannt wurde, war es spannend aber auch etwas peinlich. Dann kam aber die Erlösung, wir belegten den Zweiten Platz (ein weiterer Erster hätte auch die Gesamt 1erbracht).
Es war schließlich der zweite Platz in diesem Lauf und auch der zweite Platz in der Gesamtwertung (Bong Fury wurde Gesamterster). Für die erste Teilnahme, die nicht zu vernachlässigende SW Cijfer Hypothek und unter wechselnden nicht eingefahrenen Mannschaften ein durchaus ansehnliches Ergebnis.

Das Oktobertrio war ein gelungener Abschluß für eine sehr erfolgreiche und erlebnisreiche Segelsaison bei überwiegend schönem Wetter und mittleren Winden. Die HA Fock wurde nur einmal am letzten Regattatag gesetzt (ein haken hinter dem Bugkorb bescherte allerdings einen Riß in das gute Stück; hoffentlich verweigert der Segelmacher die Reparatur nicht; DeVries hatte letztes mal unrepariert zurückgeschickt und eine Neuanschaffung empfohlen).
Überhaupt war Sturmfock in dieser Saison ein völlig ungebräuchlicher Begriff.

Insgesamt herzlichen Glückwunsch allen OktoberTrio Seglern auf der Chou Chou und alles Gute bis zur nächsten Saison.

PS. Wer schnell segelt, fährt offensichtlich auch schnell Auto. Auf der Rückfahrt wurde die Chou Chou Crew in einem schwarzen BMW mit 118 km/h auf der Autobahn in der Höhe von Arnheim geblitzt. Im November kam dann die Zahlungsaufforderung vom Justitieelen Incassobureau Leeuwarden 31 € , die auf ein Konto in Saarbrücken überwiesen wurden. Gott sei Dank keine Punkte .


HaJo