Sunderland - Muiden 30.06. - 07.07.2007


1. Etappe: Sunderland - Ijmuiden

Nachdem eine reine „Herren Crew“ (Jens, Enrico und Guido) in einem bewundernswerten Kraftakt CHOU CHOU von Edinburgh nach Sunderland fristgerecht überführt hatten - hierzu herzlichen Dank ganz besonders auch für den hinterlassenen Glenlivet - machten sich die folgende Crew Sabine, Claudia (Co-Skipper), Christoph, Jan-Christoph und HaJo (Skipper) auf den Weg, die Umrundung der Nordsee vollständig zu machen.

Geplant war ausgehend von Sunderland nach Hull zu segeln, um an der Rückregatta nach Harlingen ab 4.7. teilzunehmen. Dieselbe Regatta " Ha Hu Ha" = Harlingen-Hull-Harlingen hatten wir bereits 2005 erfolgreich absolviert.

Zunächst machte sich die Crew am Samstag den 30.6. auf verschlungenen Wegen auf den Weg nach Sunderland (Regen-Chaos in UK, Bombenalarm in London). HaJo reiste per Flug Düsseldorf-Newcastle an, Claudia, Sabine und Christoph kamen per Zug von London nach Sunderland.

Nach einem Stadtrundgang und Bewunderung der markanten Brücken über den River Tyne wurde die Metro genutzt, um CHOU CHOU in Sunderland am River Wear zu erreichen.
Als wir an der Haltestelle St. Pauls ausstiegen, empfing uns der für dieses Jahr so typische englische Landregen - der in den letzten Wochen sogar Gegenstand deutscher Medien war.
Trotzdem verschmähten wir die Nutzung eines Taxis. Schließlich brachte der Orientierungssinn des Skippers (und ein Anruf beim home Support Team - Jens -) die Crew zwar durchnässt, aber ohne Umwege zur Sunderland Marina.

CHOU CHOU wurde in einem exzellenten Zustand am Ponton aufgefunden, geentert, eingeräumt (der Whisky entdeckt !) und gelüftet. Nach einem orientierenden Rundgang zur Mündung ging es weiter zum Marine Activity Center (war alles nass und ausgestorben, aber mit EU Mitteln erbaut). Aufgrund der Empfehlung der letzten Crew suchten wir anschließend die „happy hour“ der Hafen Tratorria Due auf. Man konnte sich dort noch konkret an eine kürzlich eingefallene deutsche "3 Mann Crew" mit einer körperlich alle überragenden Person erinnern. Trotzdem wurden uns nicht die "happy hour" Vorteile gewährt: unsere Vorgänger hatten wohl zuviel gegessen? Nein - es wäre schließlich Samstag und da gilt das "happy hour" Angebot nicht. Die beabsichtigte Retaxierung ist daher wohl nicht durchsetzbar.
Am späteren Abend traf dann auch Jan-Christoph in Sunderland ein - Bombendrohungen in London und unterspülte Gleise (natürlich wegen Regen) hatten ihm eine kleine Irrfahrt beschert.

Am Abend folgten dann noch das Einholen des aktuellen Wetterberichts beim Hafenmeister und die Diskussion der Planung für den nächsten Tag. Der Aufbruch durfte nicht aufgeschoben werden, da schließlich noch ca. 180 sm bis Hull zurückgelegt werden sollten. Whitby oder Scarborough wurden als nächstes Ziel festgelegt. Die Nachtruhe war somit um 5 Uhr vorbei und pünktlich mit der Tide um 6 Uhr haben wir die riesige Hafenausfahrt verlassen und das von Regen getränkte Land hinter uns gelassen.

Da es zunächst an Wind mangelte, wurde unter gesetztem Groß in Richtung SüdOst motort, Speed 5,5 kn. Zwischenzeitliche Segelversuche mussten wegen immer wieder absterbenden Winds abgebrochen werden. Erst zu Mittag nahm der Wind auf 10kn zu und mit G1 und Groß wurde entspannt gesegelt. Die englische Ostküste - unter anderem die Stadt Hartlepool - zog wie eine grüne Theaterkulisse unter zeitweiligem Sonnenschein vorüber.

Verschiedene Versionen des Tagesziels würden überprüft. Whitby - eigentlich zu nah, da dann Entfernung bis nach Hull dann noch relativ lang. Scarborough erschien geeigneter - als letzte Alternative wurde dann durchsegeln nach Hull ernsthaft erwogen. Aber es kam alles anders als erwartet.

Gegen 16 Uhr bildeten sich bedrohliche Gewitterwolken über Land, die von Süd in Richtung Whitby zogen. Der Skipper hatte die an sich geniale Idee, dem drohenden Gewitter auf entgegengesetztem Kurs zu entkommen. Die Segel wurden geborgen um „der Faust eines Riesen“ zu entkommen. Eigentümlicherweise - je mehr wir von der Küste wegfuhren, umso mehr schwenkte die Gewitterfront von Süd auf West und damit direkt auf uns zu. Spontane Entscheidungen waren schon immer eine Stärke des Skippers, daher wurde umgelegt und nach NordWest wieder auf Whitby zugehalten. Wir waren durch diesen Schachzug dem Gewitter allerdings nicht entkommen. Ca. 1 sm vor der Whitby Ansteuerungstonne Q Bell hatte das Gewitter uns von hinten eingeholt. Der Wind hielt sich zwar in erträglichen Grenzen, aber die Sicht wurde durch Schauerböen auf bis zu 200 m reduziert. Um die Orientierung zu erhalten, wurde über Funk der Hafenmeister befragt - der sich allerdings draußen nicht auskannte. Daher schickte der Hafenmeister seinen Freund mit einem kanariengelben Ausflugsboot heraus. Dieser Pfadfinder gab uns wieder Orientierung - die weitere Ansteuerung mit verschiedenen Quermarken (einschließlich einer Markierung an einer Kneipe) war dann eher ein Kinderspiel. Nach Durchfahrt durch die altertümliche Klappbrücke wurde 18.30 an einem Schwimmsteg angelegt - begrüßt wurden wir von der Rentnercrew der Johanna aus Lelystad. Die Ergebnisse des Tages wurden bei einem typischen Ale im Jolly Sailor am Abend noch einmal aufgefrischt.

Die Mitteilung einer ernsthaften Krankheitssituation des Schwiegervaters des Skippers führte dann zur Änderung der Planung: Es wurde beschlossen auf die Regattateilnahme Hull - Harlingen zu verzichten und direkt die Niederlande anzusteuern.

Die charmante Rentnercrew der Johanna gab uns am nächsten Morgen noch professionelle (?) Beratung. Die beiden Salzbuckel berichteten uns von zwei vergeblichen Bemühungen Whitby in Richtung Niederlande zu verlassen. Nach jeweils ca. 30 sm gegen SüdOst waren sie zurückgekehrt. Aber jetzt käme die richtige Wettersituation mit westlichen Winden. Am nächsten Morgen, ganz früh, wäre der beste Zeitpunkt, da man die Verkehrstrennungsgebiete dann bei Tag queren könnte. Sie würde dann auch fahren - soweit die Infos von der Johanna.

Wir genossen dann den freien Tag und besichtigten den pittoresken Ort. Besonders in Erinnerung bleibt die Stimmung bei Umwanderung des Whitby Castle bei einem besonders heftigen Regenschauer. Es muß diese Stimmung gewesen sein, die auch Bram Stoker zum Schreiben von Dracula an diesem Ort inspiriert hatte. Insgesamt sind die Szenerie und der Hafen so anziehend, das wir sicher den Ort noch einmal aufsuchen werden. Dann konnte man auch auf den Spuren von Captain James Cook wandern, der seine Ausbildung als Seemann in Whitby begann und dem ein Museum in Whitby gewidmet ist.

Etwas verunsichert waren wir als "unsere" Rentner von der Johanna am gleichen Abend noch den Hafen in Richtung Den Helder verließen - Tagsicht war wohl doch nicht so wichtig.

Für uns ging es dann am nächsten Tag weiter: Am Dienstag , den 3. 7. wurde um 04.50 Uhr abgelegt, die geöffnete Klappbrücke zusammen mit zwei weiteren Yachten passiert, dem Mäander der Quermarken gefolgt und schließlich bei der Q Bell Tonne Segel gesetzt (G1 und Groß bei ca. 10kn SSW). Angesagt waren 5-6 aus W, Gewitter und Regen für später.

Gleich verfielen wir in einem angenehmen Wachrhythmus: Tagsüber 4h Wachen, nachts 3h.. Eine Geschwindigkeit bis 8kn über Grund brachte uns gut vorwärts. Die Ruhe wurde dann gegen 15:25 getrübt: Der GPS fällt aus - Konsequenz: das AIS und der Kartenplotter sind nicht mehr verfügbar. Wiederholtes Ein- und Ausschalten bringt die Funktion nicht zurück. Die vorhandenen Hand GPSe werden also aktiviert und Wegpunkte eingetragen. Zeitweilig begleiten uns zwei Delphine, das lässt uns den "technischen Kummer" vergessen. Der angesagte, stärkere Wind kommt. G1 wird gegen High Aspect getauscht.

Durch kräftige Suppen gestärkt (aus Vorjahrsvorräten) wurde bis in die Dämmerung gesegelt. Die Ruhe wurde durch den Funkanruf eines vorüberfahrenden deutschen Frachters unterbrochen: Unser Radarreflektor sei nicht auszumachen. Sein Ratschlag auf Befragung: Gut aufpassen (wir werden es befolgen). Eine weitere Konsequenz sollte die Anschaffung eines aktiven Reflektors sein.
Ein weiterer Höhepunkt im Laufe der Nacht war das "Indigo Oil Field", weitflächig abgesperrt und befeuert. Ein Warnanruf, das Gebiet nicht zu befahren, war „Gott sei Dank“ für einen parallel fahrenden Fischer und nicht für uns bestimmt.

Am Morgen können wir auf ein Etmal von 158sm zurückschauen (wäre für die 24uurs gar nicht schlecht). Zunächst wird Den Helder weiter als Ziel angepeilt. Da aber durch die gegenlaufende Tiede und viele Ausweichmanöver die Zeit verrinnt, kann eine günstige Tiede nicht erreicht werden. Dementsprechend wird auf Ijmuiden umdisponiert (allerdings sollen W6 kommen).

Weitere Ausweichmanöver - durch querende Berufsschiffart verursacht - ziehen die Fahrt in die Länge. Gegen 19 Uhr ordnen wir uns in eine Reihe von Frachtern ein, die wie wir Ijmiuden ansteuern. Der Wind ist günstig, W 4-5. Um 20:30 werden die Marina Seaport und die herbeigesehnten Luxusduschen erreicht. Insgesamt 249,5 sm wurden in 41 h gesegelt.
Eine ansehnliche Leistung - alle sind zufrieden und erleichtert - für drei Crewmitglieder war es die erste Nordseeüberfahrt. Darauf wurde gemeinsam mit einem Whisky (von der vorherigen Crew gespendet) angestoßen. Der anschließende Schlaf war für alle tief und fest.


HaJo



2. Etappe: Ijmuiden - Muiden

Noch vor unserem eigentlichen Aufstehen im Hafen Ijmuiden war unser Captain bereits auf der Rückreise. Zurückdenkend an eine schöne Überfahrt aßen wir unser Frühstück mit Croissants und Brötchen und besprachen den Tagesplan, der uns nachdem Ablegen durch den Nordseekanal nach Muiden führen sollte.
Claudia war für den Rest der Fahrt unser Skipper und folgsam machte sich die geschrumpfte Crew gegen 13:30 auf den Weg zur letzten Etappe.

Vor der Schleuse des Nordseekanals drehten wir noch die ein oder andere Runde und bekamen mal wieder einen Eindruck wie winzig doch ein Segelschiff im Vergleich zu den großen Pötten ist, die regelmäßig an uns vorbei dampften.

Das Schleusen in den Schifffahrtskanal war dann ein Klacks und wir motorten fröhlich durch die Industriekultur bis die Idee, bei Wind raumschots Segel zu setzen (nein, es war nicht der Spi), die Idylle unterbrach. Schließlich ist die CHOU CHOU ein Segelschiff!

Gegen 18 Uhr erreichten wir dann die Oranje Sluis in Amsterdam. Das zweite Schleusenmanöver gelang nicht so gut wie das erste und trotz schöner Abendstimmung auf dem Wasser fuhren wir unter Motor und etwas geknickt weiter in den Zielhafen Muiden.

Unser Liegeplatz gab uns die Möglichkeit, königliche Duschen zu besuchen und nach einem netten Kneipenbesuch (im Ome Ko) fielen wir nach einem weiteren ereignisreichen Tag in die Kojen.

Der folgende Tag brachte sehr viel Wind (W7) und Regen. Mit unseren am nächsten Tag eintreffenden Nachfolgern vereinbarten wir, dass wir in Muiden bleiben. Sabine und Claudia entschlossen sich die Burg zu erobern, was nach mehreren lustigen Ritterspielen, die das Burgmuseum für adlige 12 EUR pro Person bereit hielt, auch gelang.

Bei gemütlichen Getränken und entsprechender Stimmung wurde abends noch der Flaggenstock von Claudia, Christoph und Jan-Christoph und überholt. Siehe an: wie neu!
Und dann war es auch schon Samstag. Packen, Schiff sauber machen und an die Heimreise denken.
Eine sehr schöne Woche war zu Ende, viel zu schnell.


Sabine



IMG_4687
IMG_4689
IMG_4697
IMG_4704
IMG_4722
IMG_4738
IMG_4744
IMG_4753
IMG_4762
IMG_4769
IMG_4778
IMG_4779
IMG_4783
IMG_4788
IMG_4789
IMG_4790
IMG_4792
IMG_4808
IMG_4816
IMG_4824
IMG_4829
IMG_4830
IMG_4852
IMG_4854
IMG_4860
IMG_4861
IMG_4866
IMG_4869
IMG_4870
IMG_4872
IMG_4881
IMG_4882
IMG_4893
IMG_4903
IMG_4931
IMG_4933
IMG_4935
IMG_4948
IMG_4949
IMG_4950
   

Kleine Fotoauswahl von Sabine